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1948

Im Gleichschritt mit Lilli Marleen

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24.01.1948

Ehre und Treue - für Frankreich

 

Frankreich hat sich erneut gegen Vorwürfe zu wehren. Sie kommen von den Russen und richten sich gegen die Methoden des Anwerbens von Fremdenlegionären in Oesterreich (vgl. "Spiegel" Nr. 2). Die Schweizer "Tat" glaubt herausgefunden zu haben, warum sich die Sowjets zu einer Art "Vormund" der österreichischen Jugend erheben: die Reaktion der Russen auf das französische Einschwenken ins anglo-amerikanische Lager, eine russische Reaktion auf einem diplomatischen Nebenschauplatz.

Die nicht allzu versteckte Ironie der "Tat" gegenüber den humanitären Ambitionen der Sowjetbesatzung, die von Oesterreichs kommunistischen Parteizeitungen sekundiert werden, wendet sich dann aber doch sehr deutlich an die Franzosen. Sie findet es offenbar befremdend, daß den österreichischen Grenzbehörden, die genau wissen, daß das Gesetz Kriegsdienst in einer fremden Armee verbietet, bei den kleinen Transporten nichts zu tun bleibt, als mit den Achseln zu zucken. Und selbst das tun sie möglichst unauffällig.

Immerhin ist es den Franzosen auf diese und ähnliche Weise gelungen, jetzt die Höchststärke der Legion seit 1945 zu erreichen. Ex-Soldaten von einigen Dutzend Armeen, ehemalige Alliierte und ihre Feinde kämpfen Schulter an Schulter gegen die Autonomisten Indochinas. 48 Nationen werden durch strengste Disziplin zusammengehalten. Es gibt Leute, die sich beim rauhen Ton der Unterführer einer deutlichen Erinnerung an preußische Kasernenhöfe nicht erwehren können.

Ein junger Capitaine der Fremdenlegion, jetzt zum französischen Kriegsministerium kommandiert, gab einem Reuter-Korrespondenten Zahlenangaben über die internationale Zusammensetzung. Sie unterschieden sich ganz wesentlich von dem Bild, das Mitteleuropa sich aus seiner Presse machte. Das deutsche Kontingent beispielsweise ist nach seinen Angaben gar nicht so außergewöhnlich hoch, wie es Nichtfranzosen immer annehmen. Die Deutschen stellen nur 2/3 jener 30 Prozent, die aus Mitteleuropa angeworben wurden. Franzosen, Spanier und Italiener haben zusammen die Mehrheit von 60 Prozent.

Es sei auch unwahr, dementiert der französische Offizier, daß auffallend viele ehemalige SS-Leute unter den Legionären sind. Die Legion wühle zwar auch heute noch nicht mit übergroßer Gewissenhaftigkeit in der Vergangenheit ihrer Kandidaten. Aber in Fällen, bei denen man veranlaßt sei, politische Belastung zu vermuten, nehme man es sehr genau. Der leiseste Verdacht auf akute Nazi-Tendenzen bei Aspiranten der französischen Zone Deutschlands genüge, sie auszuschließen.

Auf jeden Fall reflektiert die Zusammensetzung der Fremdenlegion politische Schwankungen der verschiedenen Länder Europas. Neuerdings bekamen die rumänischen Legionäre Zuwachs von ihren Landsleuten.

Die Legionäre aller Nationen verbindet neben dem großen Abenteuer und der französischen Kommandosprache eine Melodie: Lilli Marleen. Das Lied von Freund und Feind im letzten Weltkrieg wird zur gleichen Zeit von marschierenden Kolonnen in 48 verschiedenen Sprachen gesungen. Darauf sind sie stolz. Fast so stolz wie auf das Bewußtsein, genau wie jede andere Einheit zur französischen Armee zu gehören. Die Fremdenlegion unterscheidet sich von ihnen nur dadurch, daß das französische Motto "Ehre und Vaterland" ersetzt ist durch "Ehre und Treue".

DER SPIEGEL 4/1948
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SS unter der Trikolore

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10.01.1948

Kanonenfutter für Indochina

 

Die Moskauer "Prawda" war massiv geworden. Sie hatte Frankreich angeklagt, es lasse zahlreiche ehemalige Nazis auf französischer Seite gegen die Vietnam-Bewegung in Indochina kämpfen. In Paris war man leicht pikiert. Man warf der "Prawda" vor, sie mache ihrem Namen (Wahrheit) wenig Ehre. Die von ihr angegebene Zahl von 50000 deutschen Fremdenlegionären sei stark übertrieben.

Alliierte Korrespondenten wurden eingeladen, sich von der Unwahrheit der "Prawda"-Behauptungen zu überzeugen. Das Ergebnis der journalistischen Rundreise entsprach allerdings nicht ganz den französischen Erwartungen. Zwar verwarfen die englischen und amerikanischen Pressemänner die von der "Prawda" genannte Zahl. Aber sie stritten auch die Behauptung eines französischen Generals ab, es seien heute in der Legion prozentual nicht mehr Deutsche vertreten als früher.

Ein neutraler Gewährsmann in Hanoi schätzte den Anteil ehemaliger deutscher Soldaten in der französischen Fremdenlegion in Indochina auf 80 Prozent. Andere Quellen sprachen von 60 Prozent. Uebereinstimmend stellten die Korrespondenten jedoch fest, daß die Deutschen auf jeden Fall mehr als die Hälfte des Fremdenlegionär-Kontingents stellen.

Ehemalige Mitglieder des Rommelschen Afrikakorps sollen in der Ueberzahl sein. Auch die SS ist verhältnismäßig stark vertreten. Andere deutsche Legionäre wurden aus Kriegsgefangenenlagern in Frankreich oder aus der französischen Zone Deutschlands angeworben.

Ein amerikanischer Korrespondent meint, es entbehre nicht einer gewissen Komik, daß viele der ehemaligen deutschen Soldaten mit amerikanischen Uniformen ausstaffiert worden seien. Auch die Bewaffnung ist meist amerikanischer Herkunft.

Der AP-Korrespondent Stanley Swinton hat sich mit vielen deutschen Legionären unterhalten. Ihre Stimmung war nicht rosig. Viele von ihnen waren der Ansicht, sie würden von Frankreich nur als Kanonenfutter ausgenutzt. Bei Gefechtsoperationen, die aller Voraussicht nach verlustlustreich ausgehen, würden sie häufig verwendet und dafür die Franzosen geschont.

Die Meinung der Vietnamesen von den deutschen Fremdenlegionären, die nicht selten mit dem Gesang alter nazistischer Kampflieder zum Sturm übergehen (siehe Spiegel Nr. 31) ist etwas zwiespältig. Sie fürchten den Mut der Soldaten, die mit der Todesverachtung von Männern kämpfen, die nichts mehr zu verlieren haben. Auf der andern Seite schätzen die Vietnamesen jedoch die Kampfkraft der deutschen Legionäre. Nämlich jener, die bereits zu Tausenden auf ihre Seite übergelaufen sind.

DER SPIEGEL 2/1948
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